Die offenen Sternhaufen M 36, M 37 und M 38 im Sternbild Fuhrmann


M 36_37_38_s
Ort: Schwedt/Oder, Datum: 22.11.2025, Uhrzeit: zwischen 20:00 und 22:00 Uhr MEZ
Seestar S50, je Bild 120 Aufnahmen je 10 s, AZ-Modus, Tauschutzfunktion, mit Astroart gesteckt und leicht bearbeitet.

Links: M 36 – der kompakte, junge Funkenhaufen

Auf der linken Seite zeigt sich Messier 36 (M 36) als ein relativ heller, kompakter offener Sternhaufen. Er wirkt locker, aber trotzdem gut abgegrenzt vom umgebenden Sternfeld. Typisch für ihn sind:
  • Dominanz blauer, junger Sterne
    Die hellsten Sterne leuchten bläulich, ein Hinweis auf ihr noch junges Alter (ca. 25 Millionen Jahre).
  • Geringere Sternzahl als M 37
    M 36 enthält rund 60–100 Sterne, was ihm ein etwas luftiges, unregelmäßiges Erscheinungsbild verleiht.
  • Optisch erinnert er an die Plejaden – aber kleiner und dichter gepackt.
    Die hellsten Sterne bilden lose Dreiecks- und Kettenstrukturen.
Als typischer Vertreter junger offener Sternhaufen hat M 36 weniger rote oder gelbe Sterne. Seine Leuchtkraft konzentriert sich auf die blauen Hauptreihensterne – ein Indiz, dass die massereichen Sterne noch lange nicht aus der Hauptreihe herausgewandert sind.

Mitte: M 37 – der prachtvolle, reiche Diamanthaufen

Im Zentrum des Bildes befindet sich Messier 37 (M 37) – der schönste, reichste und mit Abstand eindrucksvollste der drei Haufen. Sein charakteristisches Erscheinungsbild:
  • Mehr als 1500 Sterne, davon über 500 gut sichtbar
    Kein Wunder, dass M 37 als „der König der Auriga-Haufen“ gilt.
  • Hohe Sternendichte
    Das Auge nimmt eine feine Körnung wie bei einem Sternenmeer wahr.
  • Rötliche Riesensterne im Zentrum
    M 37 enthält mehrere gut sichtbare orange-rote Riesen – besonders ein auffälliger Stern nahe der Mitte (HD 39183).
  • Alter von etwa 450 Millionen Jahren
    Deutlich älter als M 36; viele massereiche Sterne haben den Hauptreihenbereich bereits verlassen.
In der zusammengesetzten Aufnahme erscheint M 37 am „vollsten“ und funkelt mit einer Mischung aus weißen, blauen und orangenen Sternen. Diese farbliche Vielfalt macht ihn fotografisch besonders attraktiv.

Rechts: M 38 – der markante „Kreuz“- oder „X-förmige“ Haufen

Rechts im Bild findet sich Messier 38 (M 38), ebenfalls reich an Sternen, jedoch lockerer strukturiert als M 37. Typische Merkmale:
  • Kreuz- oder X-ähnliche Struktur
    Die hellsten Sterne bilden eine markante, leicht asymmetrische Kreuzform.
  • Etwa 80–100 helle Mitglieder, insgesamt mehrere Hundert
    Damit ähnlich wie M 36, aber etwas ausgedehnter.
  • Alter rund 300 Millionen Jahre
    Zwischen M 36 und M 37 liegend.
  • Farben: Mischung aus bläulichen und gelblichen Sternen
    Ein Zeichen für ein mittelaltes Haufenalter.
M 38 wirkt im Vergleich zu M 36 weniger kompakt und hat ein besser definiertes Muster aus Sternketten. Er ist weder so dicht wie M 37 noch so jung und blau wie M 36 – er nimmt eine Art Mittelposition ein.

Vergleich der drei Sternhaufen

1. Alter
  • M 36 (jung): ~25 Mio. Jahre
  • M 38 (mittelalt): ~300 Mio. Jahre
  • M 37 (alt für einen offenen Haufen): ~450 Mio. Jahre
Dieser Altersunterschied erklärt viele visuelle Eigenschaften:
  • M 36 ist dominiert von blauen Sternen (junge Population).
  • M 37 enthält viele rote Riesen (hohes Alter).
  • M 38 zeigt Mischcharakteristika.
2. Sternzahl & Dichte
  • M 37 eindeutig reichster und dichtester
  • M 36 und M 38 ähnlich, jedoch:
  • M 36 kompakter und kleiner
  • M 38 ausgedehnter und lockerer
Deshalb wirkt M 37 im Bild am beeindruckendsten und detailreichsten.

3. Farbvielfalt
  • M 36: überwiegend blau-weiß
  • M 37: großes Farbspektrum – blau, weiß, orange
  • M 38: milde Farbmischung, leichter Gelbanteil
M 37 ist dadurch farblich der abwechslungsreichste der drei.

4. Form und Struktur
  • M 36: lockeres Dreieck / unregelmäßig
  • M 37: runde, hohe Dichte ohne klar dominantes Muster
  • M 38: markantes Kreuz bzw. „geweitete X-Form“
Diese Strukturen sind im zusammengesetzten Bild sehr gut gegeneinander abgrenzbar.

5. Entfernungen und visuelle Helligkeiten
Die drei Sternhaufen unterscheiden sich nicht nur in Alter und Struktur, sondern auch deutlich in ihrer Entfernung und Gesamthelligkeit:
M 36 liegt mit rund 4 100 Lichtjahren am nächsten zur Erde und besitzt eine integrierte visuelle Helligkeit von etwa 6,0 mag. Er ist damit der lichtschwächste der drei Haufen, wirkt auf Fotos jedoch aufgrund seiner jungen, heißen Sterne besonders kontrastreich.
M 37 ist der entfernteste des Trios, er befindet sich in einer Entfernung von rund 4 400 Lichtjahren. Mit einer gesamtvisuellen Helligkeit von 5,6 mag ist er der hellste und am einfachsten sichtbare der drei Auriga-Haufen. Seine große Sternzahl trägt erheblich zu dieser hohen Flächenhelligkeit bei.
M 38 ist etwa 4 200 Lichtjahre entfernt. Seine gesamtvisuelle Helligkeit liegt bei 6,4 mag, wodurch er im Vergleich zu M 36 und besonders zu M 37 etwas unauffälliger wirkt und auf Fotos als weiträumiger, zarter Haufen erscheint.
Diese Entfernungs- und Helligkeitsunterschiede ergänzen das visuelle Erscheinungsbild der Haufen im Bild hervorragend und unterstreichen die Vielfalt dieser drei benachbarten Sternsysteme im Fuhrmann.

6. Entdeckung und Aufnahme in den Messier-Katalog
Die drei offenen Sternhaufen M 36, M 37 und M 38 gehören zu den historischen Objekten, die bereits in den frühen Phasen der Teleskopastronomie entdeckt wurden. Sie wurden nicht von Charles Messier selbst entdeckt, sondern von dem italienischen Geistlichen und Astronomen Giovanni Battista Hodierna (1597–1660), einem weithin unterschätzten Pionier der Deep-Sky-Beobachtung. Hodierna katalogisierte zahlreiche Nebel und Sternhaufen bereits um 1654, weit bevor Messier seinen berühmten Katalog begann. Allerdings gerieten Hodiernas Arbeiten in Vergessenheit und wurden erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Deshalb beobachtete Messier die Objekte im 18. Jahrhundert unabhängig neu und nahm sie in seinen eigenen Katalog auf.

M 36 – Messier 36
  • Erstentdecker: Giovanni Battista Hodierna, ca. 1654
  • Unabhängig wiederbeobachtet: vermutlich von Guillaume Le Gentil (1749)
  • Aufnahme in den Messier-Katalog: 2. Oktober 1764
  • Messiers Beschreibung: „Ein Sternhaufen ohne Nebel, etwas schwach und nur im guten Instrument erkennbar.“
M 37 – Messier 37
  • Erstentdecker: Giovanni Battista Hodierna, ca. 1654
  • Wiederentdecker: Guillaume Le Gentil, 1749
  • Aufnahme in den Messier-Katalog: 2. September 1764
  • Messiers Beschreibung: „Sehr schöner Haufen kleiner Sterne, ohne Nebel, leuchtet angenehm im Okular.“
M 37 ist der hellste und reichste Haufen der drei – Messier erwähnt seine sternreiche Struktur ausdrücklich.

M 38 – Messier 38
  • Erstentdecker: Giovanni Battista Hodierna, ca. 1654
  • Wiederentdecker: Guillaume Le Gentil, 1749
  • Aufnahme in den Messier-Katalog: 25. September 1764
  • Messiers Beschreibung: „Haufen kleiner Sterne, verteilt wie ein unregelmäßiges Kreuz.“
Diese Beobachtung beschreibt schon damals die typische Kreuzform des Haufens.

7. Eigenname
Für zwei der drei Auriga-Sternhaufen werden traditionelle oder populäre Beinamen verwendet, die ihre visuelle Struktur widerspiegeln. M 36 wird oft als „Pinwheel Cluster“ bezeichnet, während M 38 den Namen „Starfish Cluster“ trägt. M 37 besitzt keinen verbreiteten Eigennamen – wohl auch deshalb, weil er kein markantes geometrisches Muster zeigt, sondern vor allem durch seine hohe Sternendichte auffällt.
Der Name „Pinwheel Cluster“ (M 36) lässt sich gut nachvollziehen: Die hellsten Sterne dieses Haufens bilden aus fotografischer Sicht ein lockeres, spiralförmig angedeutetes Muster, das an das „Riesen-Windrad“ erinnert, wie man es von Feuerwerkskörpern oder Windspielen kennt. Eine mögliche und auch oft verwendete deutsche Bezeichnung ist daher „Windradhaufen“.
Der Name „Starfish Cluster“ (M 38) beschreibt die auffällige, fast kreuz- bzw. sternförmige Anordnung der hellsten Sterne, die an die fünf Arme eines Seesterns erinnert. Auf Deutsch ist die treffendste und oft verwendete Bezeichnung „Seesternhaufen“.
M 37 schließlich blieb ohne Eigennamen, obwohl er der eindrucksvollste der drei Auriga-Haufen ist. Da er strukturell keinen klaren Umriss besitzt, wäre ein bildhafter Name kaum eindeutig. Würde man dennoch einen inoffiziellen deutschen Beinamen vergeben, könnte er etwa „Diamantfeld“, „Auriga-Juwel“ oder „Sternenmeer von Auriga“ heißen – doch keiner dieser Namen ist in der astronomischen Tradition etabliert.

Gesamteindruck des Triptychons

Das zusammengesetzte Bild von M 36, M 37 und M 38 zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie unterschiedlich offene Sternhaufen sein können – selbst wenn sie im gleichen Himmelsareal entstanden sind. Von der jungen Energie und dem blauen Glanz von M 36, über die reife, farbenreiche Pracht von M 37, bis zur strukturierten, ruhigen Erscheinung von M 38 bietet dieses Triptychon einen faszinierenden Blick in die Sternentstehungsgeschichte unserer Milchstraße.